
Paul Ohnsorge (1915-1975): Relief in St. Richard, Berlin (1976)
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Claus Bernet
- Juni 17, 2021
Im Mai 1976 wurde das Altar-Rückwandrelief fertiggestellt, das den Innenraum der römisch-katholischen Kirche St. Richard im Berliner Innenstadtbezirk Neukölln beherrscht. Es ist nicht etwa aus verschiedenen Segmenten zusammengesetzt, sondern wurde aus einer gewaltigen Schale in Beton gegossen. Es ist ein Werk, welches in dieser Technik und Größe nicht nur für das Bistum, sondern in der Sakralkunst allgemein etwas Neuartiges darstellte. Es basiert auf einem Entwurf des Künstlers Paul Ohnsorge (1915-1975). Dieser war jedoch vor Fertigstellung mitten in der Arbeit darüber verstorben, das dann von seinen Schülern vollendet wurde. Ursprünglich sollte das Relief nicht bemalt werden, sondern die Profilierung durch Licht- und Schatteneffekte hervortreten. Doch Pfarrer Georg Kronschnabel drängte auf eine Bemalung, zumal sich das Werk zunächst kaum von der weißen Wand abhob und doch etwas trist wirkte.
Das Werk öffnet sich dem Betrachter wie ein Flügelaltar. Die Flügel bestehen aus je sechs Segmenten, die die Tore der Stadt Jerusalem markieren. Sie wurden, der ursprünglichen Konzeption nach, weiß gelassen. In der Stadt thronen Gott und das Lamm über einem Regenbogen. Unter dem Lamm reihen sich die sieben Feuerfackeln der Geister Gottes (Apokalypse 4, 5) aneinander, darunter findet man die vier apokalyptischen Wesen, und noch weiter unten die vierundzwanzig Ältesten. Blitz und Donner, bemalt in der Farbe Orange, unterstreichen das endzeitliche Geschehen. Die Zacken, die seitlich aus dem Relief herausragen, sollen den Eindruck eines im Raum schwebenden Kristalls hervorrufen, was ohne spezielles Wissen jedoch nur wenige Betrachter assoziieren dürften.
Claus Bernet: Liturgica und Kirchenschmuck, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 12).