Weil man sie zu Kriegsbeginn zum Schutz vor Bombenschäden ausgebaut hatte, haben die 10 x 1,65 Meter großen Chorfenster der evangelisch-lutherischen Deutschhauskirche in Würzburg den vernichtenden Fliegerangriff vom 16. März 1945 fast unbeschadet überstanden. Die Szenerien aus der Glaswerkstätte Heberle & Co. in Hagen-Haspe zeigen die Geschichte der sündigen und der erlösten sowie die Zukunft der verklärten Menschheit. Geschaffen wurden die Fenster 1924 von Elisabeth Coester (1900-1941) aus Barmen. Eine aus Riga stammende deutsch-baltische Familie Berens von Rautenfeld hatte 1924 durch eine Stiftung die Anschaffung dieser Fenster ermöglicht. Es ist weltweit das erste Mal, dass eine Frau ein Kirchenfenster mit dem Neuen Jerusalem gestalten durfte. Leider ist gerade dieses Neue Jerusalem durch Sprossen beeinträchtigt und vertikal zweigeteilt, was aber auch die annähernde Symmetrie der Anlage hervorhebt.
Hans-Peter Trenschel: Deutschhauskirche Würzburg, München 1978.
Martina L. Reetz: Elisabeth Coester – eine evangelische Glasmalerin des Expressionismus, Trier 1994.
Roland Bappert: Glasmalereien in Kirchen und Kapellen des Bistums Würzburg, Warneck 2007.
Zur Künstlerin:
Elisabeth Coester wurde am 20. Februar 1900 in Rödinghausen nördlich von Bielefeld geboren. In Barmen schloss sie ihre Schule mit der mittleren Reife ab und studierte anschließend in Wuppertal an der Kunstgewerbeschule und der Textilfachschule. Textilgestaltungen (Paramente) und später auch Glasmalerei, vor allem großformatige Glaswände, wurden die beiden Schwerpunkte der Künstlerin. Bis zu ihrem Tod am 18. Mai 1941 in Detmold leitete Coester die Paramentenanstalt in Eisenach. Während ihrer kurzen Schaffenszeit gestaltete sie hauptsächlich Arbeiten im religiösen Kontext, die wichtigsten sind:
-Kriegerehrungsfenster in der Wiesenkirche Soest, 1922
-Paramente der Universitätskirche Marburg, 1926 bis 1929
-Fensterwände der Stahlkirche der Internationalen Presse-Ausstellung in Köln, 1928
-Fenster der Nicolaikirche in Dortmund, 1930
-Buntglasfenster der Kirche in Kellinghusen, 1935.