MS 931: McCormick-Apokalpyse (1600-1650)

Die McCormick-Apokalypse bringt einen Apokalypse-Kommentar des Bischofs von Alexandrien, Maximos (gest. 282), an den ein Kommentar aus der Feder der Exegeten Andreas und Arethas angebunden wurde. Er entstand in gewöhnlichem Griechisch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Nordgriechenland oder auf dem Balkan, wo trotz der Präsenz der Osmanen die orthodoxe Kirche existieren konnte. Ihren Namen erhielt er von der Millionärin Elizabeth Day McCormick (1874-1957), die um 1932 das Manuskript angeblich von einem unbekannten Händler in Paris erwarb, in die USA brachte und es 1937 der Universität von Chicago schenkte. Heute ist die Pretiose ein Glanzstück der Goodspeed-Manuskriptsammlung der Universität, einst unter der Signatur MS Grk. 37, jetzt MS 931.

Fol. 35v bringt ein Weltgericht. Christus als Richter ist von Heiligen umgeben. Es ist nicht sofort zu erkennen, dass sich unten auch eine Stadtmauer eingeschoben hat, da diese die gleiche graue Marmorfarbe wie die Heiligen hat, unterbrochen durch wenige Goldapplikationen, wie etwa die zwei Torflügel der Himmelspforte. Der obere Bildteil steht mit dem unteren im erzählerischen Kontakt: Oben wird das Buch des Lebens aufgeschlagen, unten kniet ein armer Sünder mit einem Sündenregister. Die Entscheidung wird positiv ausfallen, die Flügel der Pforte stehen offen, und auch der Engel an der linken Seite vor dem Abendmahlstisch macht eine einladende Geste.

 

Eine weitere Miniatur auf fol. 173r könnte man auf den ersten Blick für ein karolingisches oder ottonisches Werk halten. Einzigartig für eine Jerusalemsdarstellung ist das Einknicken der beiden Seitenwände, die dem Werk zusätzlich etwas Expressionistisches verleihen. Entgegen dem Wortlaut der Apokalypse konnte sich der orthodoxe Illustrator mit der Abwesenheit des Tempels nicht abfinden und besetzt das Zentrum mit einem Sakralbau auf fünf Säulen. Weitere Säulen – gotische Anklänge sind hier unverkennbar – sieht man bei drei der offenen Tore im Vordergrund. Außerhalb der Stadt erscheint dem Johannes ein Engel mit langen, schwarzen Haaren und in eine zeitgenössische Kasel gekleidet, der in seiner rechten Hand einen langen Bambusstab zum Vermessen der Stadt hält.

Kenneth W. Clark: A descriptive catalogue of Greek New Testament manuscripts in America, Chicago 1937.
Harold R. Willoughby, Ernest Cadman Colwell: The Elizabeth Day McCormick Apocalypse, Chicago 1940.
Gary Vikan (Hrsg.): Illuminated Greek manuscripts from American collections. An exhibition in honor of Kurt Weitzmann, Princeton 1973.
New Testament manuscript traditions. An exhibition based on the Edgar J. Goodspeed collection of the University of Chicago Library, the Joseph Regenstein Library, January-March, 1973, Chicago 1973. 

 

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