Dieser Ikonentypus zeigt den Bau der Auferstehungskirche in Jerusalem, also den Bau, der in der Westkirche gewöhnlich als Grabeskirche bezeichnet wird, in den Ostkirchen jedoch als „Kirche der Auferstehung“ bekannt ist. Er zeigt die Stadt oben links in Kreisform. Markant ist das Kreuz in der Mitte Jerusalems, welches an die Kreuzigung in Golgatha erinnern soll. Darum herum wurden einige der Folterwerkzeuge hinzugefügt, die in ihrer Auswahl variieren. Diese Hetoimasia genannte Zusammenstellung symbolisiert die unsichtbare Anwesenheit Christi durch die Marterwerkzeuge sowie einen Altar als Zeichen seiner baldigen Wiederkehr und des anstehenden Weltgerichts. Es haben sich über die Jahrhunderte nur wenige Werke erhalten, das Thema ist jedoch bis in die jüngste Zeit aktuell.
Das früheste erhaltene Kunstwerk entstand in der Stroganow-Schule in St. Petersburg. Jahrhunderte war es in der Verkündigungs-Kathedrale von Solwytschegodsk beheimatet, einer Kleinstadt in Nordwestrussland. Ihre Entstehungshintergründe sind nicht bekannt, sie wird auf um 1600 datiert.
Die russisch-orthodoxe Kathedrale war damals die Hauskirche der adeligen Familie Stroganow und wurde ihrer Schönheit wegen als „Perle des russischen Nordens“ bezeichnet. Im 20. Jahrhundert gelangte die Ikone nach der Russischen Revolution in das Staats- und Geschichtsmuseum von Solwytschegodsk. Sie wurde dort nach jahrzehntelanger Vernachlässigung unter Igor Grabar und M. V. Naumova von 1982 bis 1985 restauriert.
Die insgesamt 195 x 59 Zentimeter schmale und hohe Ikone in kräftigen Temperafarben zeigt oben links neben der Jerusalemer Auferstehungskirche/Grabeskirche ein rundes Neues Jerusalem. Dieses ist umzogen von einer Mauer und einem grünen Band mit weißen Wolken. Durch die rote Farbe der Mauer und das rhythmische Vor- und Zurückspringen der Tore zieht dieses Jerusalem Aufmerksamkeit auf sich. Andere Details sind weniger gut zu entdecken: Mehrere Engel sind auf die Türme der Stadt gesetzt. Im vorderen Bereich sind es sieben schwarze, im hinteren Bereich fünf goldene Tore. Die schwarzen Tore sind alle verschlossen, die goldenen Tore sind geöffnet. Im Inneren sind, neben einem Altar, vor allem die Leidenswerkzeuge Christi (Arma Christi) versammelt.
Jürgen Krüger: Die Grabeskirche zu Jerusalem: Geschichte, Gestalt, Bedeutung. Mit Fotos von Dinu Mendrea und Garo Nalbandian, Regensburg 2000.
Giovanna Parravicini (Hrsg.): Zar e mercanti, Milano 2001 (Storia dell’icona in Russia, 4).
Alfredo Tradigo: Ikonen. Meisterwerke der Ostkirche, Berlin 2005.
Diese 99 x 81 Zentimeter große Ikone zeigt ebenfalls den Bau der Auferstehungskirche in Jerusalem. Oben links sind in einem Tondo vor allem die Tore Jerusalems gut zu sehen, jedoch sind es nur zehn. Aus dem Jerusalem reichen Engel Kronen nach rechts an Märtyrer und Heilige. Die Temperamalerei dürfte um 1820 in Zentralrussland entstanden sein und ist heute Teil der Ikonensammlung des Museums Kolomenskoje, einer alten Zarenresidenz südöstlich der Moskauer Innenstadt. Wo diese Ikone sich einst befand und wer sie für wen geschaffen hat, ist nicht bekannt.
Helmut Fischer: Die Ikone. Ursprung – Sinn – Gestalt, Freiburg 1989.
Giuseppina Cardillo Azzaro, Pierluca Azzaro: Sophia la sapienza di dio, Milano 1999.
Eine der neuesten Ikonen vom Typus Auferstehungskirche bzw. Grabeskirche wurde um 2010 nach dem alten Motiv erarbeitet. Es handelt sich um eine Neuinterpretation des Themas und sie stammt von einem unbekannten Künstler oder einer Künstlerin aus Russland. Das Himmlische Jerusalem wurde, wie bei diesem Thema üblich, als klar abgegrenzter Bereich auf der Ikone oben links positioniert, umgeben von einem gekräuseltem Wolkenband. Das Zentrum markiert das Kreuz auf einem roten Altar, rückwärts umgeben von einigen stilisierten Bauten Jerusalems.