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Elisabeth Coester (1900-1941): Glasfenster aus Sankt Cyriacus in Kellinghusen (1935)

Elisabeth Coester (1900-1941) aus Rödinghausen (Ostwestfalen) war eine bedeutende Künstlerin, die in Eisenach die Paramentenanstalt leitete. Neben Paramentik schuf Coester auch Glasfenster, die sich in Motiv und Form der Gotik näherten und sich daher besonders gut in Bauwerke dieser Epoche einfügten.
1924 bereits hatte die Künstlerin die Deutschhauskirche in Würzburg mit einem großformatigen Fenster des Neuen Jerusalem ausgestattet, knapp zehn Jahre später, 1934, erfolgte eine weitere Arbeit zu diesem Thema in Glas, die 1935 eingebaut wurde. Es handelt sich um ein Fenster für die evangelische Kirche von Kellinghusen in Schleswig-Holstein, die kurz zuvor, 1929, durch ein Feuer verwüstet worden war.
Auf dem Fenster sind im unteren Teil sechs der Jerusalemstore zu sehen, flankiert von Engeln an jeder Seite, welche niederknien oder sich an die Stadt lehnen. Aus den offenen Toren scheint der Lebensfluss nach unten zu strömen. Wie bereits die Zahl sechs ungewöhnlich ist, da man an einer Seite der quadratischen Stadt eigentlich nur drei Tore sehen kann, ist auch die Zahl der Flüsse bemerkenswert, da üblicherweiseweise die Zahl der Flüsse in Jerusalemsdarstellungen vier beträgt (nach den vier Paradiesflüssen Euphrat, Tigris, Pischon und Gihon, letzteres ist vermutlich der Nil), nicht aber acht. Über der Mitte der Stadt wölbt sich eine gewaltige goldfarbene Kuppel, links davon befindet sich ein lateinisches Kreuz in roter Farbe. Dieses musste an die Seite gesetzt werden, ansonsten hätten die Träger dieses Kreuz vollständig überdeckt.
Über diesem Himmlischen Jerusalem schwebt eine Schutzmantelmadonna, über die zur Verdeutlichung geschrieben steht „Jerusalem da droben“ – eine in dieser Form für eine evangelische Kirche ungewöhnliche Komposition. Die Künstlerin war bekannt für ihre expressionistischen Arbeiten, was hier bei den schmalen Toren, den Wellen der Lebensflüsse und auch bei Details der Gewänder der zwei schützenden Figuren an den Seiten zum Ausdruck kommt.

Die Kirche Sankt Cyriacus ist nicht nur zwei Mal abgebrannt, sondern wurde in den letzten Jahren mehrfach bestohlen und verwüstet. So musste dieses wie weitere Fenster von außen mit einer Schutzverglasung vor Steinwürfen und anderem Vandalismus gesichert werden. Nachdem auch liturgisches Gerät gestohlen wurde und sogar in die Kirche geschissen wurde (in Anwesenheit einer Aufsichtsperson!) ist der Bau öffentlich nicht mehr zugänglich und kann nur nach einer speziellen Voranmeldung besichtigt werden.

Martina Reetz: Elisabeth Coester. Eine evangelische Glasmalerin des Expressionismus, Trier 1994.
Karl-Heinz Roll, Ernst Gripp: St.-Cyriacus-Kirche zu Kellinghusen, in: Steinburger Jahrbuch 1997, S. 224-239.
Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Kellinghusen (Hrsg.): Die Sankt Cyriacus Kirche in Kellinghusen gestaltet von Hans Kock, Kellinghusen 2011.

 

tags: Elisabeth Coester, Lebensfluss, Schleswig-Holstein, Beschädigung
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