Else Hildegard Bircks (1903-1994) und Erwin Fischer: Kirchenfenster aus Christkönig in Borken (1965)
In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts war die kleine römisch-katholische Notkirche Christkönig in Borken (Hessen, Schwalm-Eder-Kreis) aus dem Jahre 1932 für die auf 2.400 Mitglieder angewachsene Gemeinde nicht mehr ausreichend, da zahlreiche Vertriebene aus Schlesien und Pommern hier eine neue Heimat gefunden hatten. 1963 bis 1965 wurde daher durch den Architekten Hermann Freimuth aus Frankenberg ein Neubau ausgeführt, bei dem die Fenster mit den Toren Jerusalems nach einem Entwurf von Erwin Fischer aus Bad Wildungen gestaltet wurden. Ihm stand damals die Künstlerin Else Hildegard Bircks (1903-1994) aus Detmold-Heidenoldendorf beratend zur Seite, die allerdings auf der Signatur namentlich nicht angeführt wurde, vielleicht auf eigenen Wunsch.

Das inzwischen aufgefundene handschriftliche Werkverzeichnis der Künstlerin bestätigte ihre Mitarbeit in Borken. Die beiden Künstler kontrastierten die rundbogigen Tore im unteren Bereich mit dem farbigen Dreieck in der Mitte, einem katholischen Symbol für die Trinität. Von diesem Trinitätssymbol gehen gebündelt drei Strahlen aus in die jeweiligen Richtungen der Seiten des Dreiecks. Eines der Strahlenbündel erhellt die überwiegend braunen und grünen Tore unten und links.

Trotz relativ großer Scheiben ist eine Vielzahl von Themen eingebunden: Links die fünf klugen Jungfrauen (gesichtslos, wie es eine Modeerscheinung war), rechts ein Schwert und eine Waage als Symbol für das Weltgericht, während links mehrere Heilige vor der Stadt versammelt sind (die fünf klugen Jungfrauen). Unten vervollständigen ein Drache (links) und ein Hahn (rechts) die Szenerie, dazwischen sind als Hinweis auf die Eucharistie einige Ähren eingebunden. Die Ausführung des Glasfensters übernahm die Glasmalerei H. Teufer aus Paderborn. Dabei wurde eine sogenannte Zweisichtverglasung gewählt: Man erkennt die Malereien sowohl von innen als auch von außen, wo dieses Himmlische Jerusalem tagsüber bereits von weitem leuchtet und ein selbstbewusstes Zeichen setzt.

Ludwig Vogel (Hrsg.): Kleiner Führer der Christkönig-Kirche in Borken, Wiesbaden 1966.
Christa von Gleichenstein, Maria Lohre: ‚Handeln, nicht klagen!‘ Lebensbild von Pater Cyprian Mayr OSB (1907-1992), Gründer des Säkularinstituts Sankt Bonifatius, Sankt Ottilien (2017).
Zur Künstlerin:
Else Hildegard Bircks wurde am 2. September 1903 in Engelsdorf-Ligneuville (Kreis Malmedy) geboren und wuchs im Hotel Dumolin auf, das ihr Großvater ausgebaut hatte. Ihr Vater war Seidenweber in Krefeld, wo er mit drei Verwandten eine Fabrik mit Lagerhaus führte. In Krefeld besuchte Else Bircks die Frauenschule der Ursulinen. 1921/22 verbrachte sie aus gesundheitlichen Gründen in der Schweiz, wo sie Italienisch und auch Zeichnen lernte. Mit Hilfe einer örtlichen Malerin entstanden erste Landschaftsstudien. Ab 1922 studierte sie an der Düsseldorfer Kunstakademie, machte ein Examen für Zeichenunterricht und Kunstgeschichte, bevor sie das Werkseminar besuchte. Mit der Abschlussprüfung erwarb sie die Befähigung zum Unterricht an Höheren Mädchenschulen. Ihr Jahr als Zeichenlehramtskandidatin absolvierte sie ebenfalls in Düsseldorf, an der Auguste-Viktoria-Schule. Es folgten Reisen und Kunststudien nach München, Beuron, Paris, Italien (Rom: Treffen mit Pater Athanasius Miller), Palästina bis nach Ägypten. Ende der 1920er Jahre besuchte sie die Meisterklasse von Josef Ederer, anschließend kam es zu ersten Arbeiten in der Sakralkunst. 1933 zog sie nach Beuron, zu dem Kloster pflegte sie seit ihrem ersten Besuch Kontakt. Dort fertigte sie jetzt auch Illustrationen für Kinder- und Jugendbücher des Verlags Schott. Zeitweise reiste sie für Monate in Kirchen, die über das ganze Deutsche Reich verteilt waren, um dort Arbeiten auszuführen, meist Glasfenster und Wandmalereien. Nach dem Krieg beschloss sie, 1949 in Sylt das Noviziat des Sälularinstituts St. Bonifatius abzulegen, Auf Sylt war im gleichen Jahr das Sälularinstitut gegründet worden. 1951 zog sie mit dem Institut an seinen neuen Ort, den Kupferberg bei Detmold. Von dort aus kam es jetzt, auch im Zuge der Missionsarbeiten, zu künstlerischen Tätigkeit vermehrt im Ausland, etwa in Italien, England, Frankreich, Belgien, Guatemala, Ruanda und Japan. Die meisten ihrer Arbeiten, jetzt vermehrt Mosaike, Tabernakel und Kreuzwege, kann man im Säkularinstitut St. Bonifatius finden. Dort fand sie in Maria Cäcilia Fecht eine künstlerisch talentierte Mitschwester, mit der schon ab 1940 viele ihrer Arbeiten entstanden. Am 25. Juli 1994 ist Else Hildegard Bircks in Detmold verstorben, auf dem Waldfriedhof des Instituts hat sie ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Werke aus dem selbstgeführten Werkverzeichnis der Künstlerin:
1928: Diasporakirche Melsungen: Ausmalung
1930: Kirche von Malges, Malerei im Chorbogen und Triumphbogen
1933: Kirche in Stadtoldendorf: Wandmalerei und Kreuzweg
1936: Kirche von Frankfurt-Hausen: Wandmalerei und Kreuzweg (kriegszerstört)
1936: Winterberg-Elkeringhausen, Bildungsstätte St. Bonifatius: Fenster
1938: Kirche in Reichenbach (Vogtland): Wandmalereien und Altarmosaik
1939: Zwickau: Wandmalereien
1940/41: Schwarzenberg (Erzgebirge): Altarmosaik
1941: Krefeld, St. Elisabeth: Tabernakeltüren
1941: Hüfingen, Heim für Jungen: Altarbilder
ca. 1942: St. Vith (Belgien): zwei Gemälde (Kriegsverlust)
1942: Zwickau, Kreuzweg
ca. 1943: Hünfeld, Kirche: Wandmalereien, Pfeilerfiguren
1944-1946: Montenau: Ausgestaltung der Kapelle des Missionshauses der Steyler Patres
1946: St. Wendel, Brüderkapelle der Steyler Patres: Altarbilder
1947-1949: Abtei Schweiklberg: Ausmalungen Refektorium
1949: Sylt, Kapelle und Kinderheim des Säkularinstituts: Wandmalereien
1951: Syke, St. Peter und Paul: Altarwandmalerei, Kreuzweg, Portalschmuck
1952: Dörentrup, Barackenkirche: Malereien
1954: Horn-Bad Meinberg, Kirche Christkönig: Fenster
1955: Unterbernhard/Röhn, Barackenkapelle: Antependium
1955: Osnabrück, Kapelle zur Ewigen Anbetung: Fenster, Altarbehänge, Altarmalerei
1956: Plön, Haus St. Walburg: Fensterreihe
1958: Düsseldorf-Lörick, St. Maria, Hilfe der Christen: Fenster, zwei Wandbehänge
ca. 1959: Hamburg, St. Raphael-Hospiz: Kapelle, fünf Fenster
ca. 1959: Hamburg-Rahlstedt, Kirche: Rundfenster
ca. 1959: Friedrichstadt-Eider, Marienkapelle: zwei Fenster
1962/63: Lorup, Marienkirche: Chorfenster
1963: Peramiho (Ostafrika), Seminarkapelle: Wandbehänge
1963: Fulda, Hauskapelle der Vinzenztinerinnen: Wandbehänge
1963: Köln, St. Vinzenzkrankenhaus, Kapelle: Tabernakel
1963: Unterbernhard/Röhn, Kirche Zu Ehren der Heiligsten Dreifaltigkeit: zwei Betonglasfenster, Altar, Tabernakel, Altarkreuz, Bronzeleuchter
1963: Kassel, Kirche Sancta Familia, Fenster
1963: Kassel-Elgerhausen, Kirche: Fenster
1963: Kassel-Oberzwehren, Notkirche: Mosaik, Pult
um 1963: Olpe-Saßmicke, St. Johannes Nepomuk: Fenster
1963-1965: Borken, Christkönig-Kirche: Fenster
1965: Hünfeld, Neubau der Kirche: Fenster, Tabernakelsockel, Mosaik
1965: Fulda-Engelhelms, Kirche: Fenster
1965: Fulda, Frauenklinik St. Elisabeth: Kapelle, Fenster, Kreuzweg
1965: Friedewald, Kirche: Betonfenster
1965: Bad Salzschlirf, Kapelle des Kurheims St. Bonifatius: zwei Fenster, Altarkreuz, Mosaik, Tabernakel
1965: Bergen-Enkheim: St. Nikolaus, Fenster
1965: Kassel, St. Bonifatius: Fenster
1966: Warden bei Hoengen, St. Jakob der Ältere: Fenster
1966: Jakobwüllesheim, St. Jakobus der Ältere: Chorfenster,
1966: Osnabrück, Heilig-Kreuz-Kirche: Seitenschiff-Fenster
1966: Japan, Nagoya, Kathedrale: Fenster
1966: Japan, Kobe-Shi, Kirche Brothers of St. John of God: Fenster
1966: Detmold-Kupferberg, Kapelle St. Benedikt: Portalgestaltung
1971, Italien, Orbetello, Friedhof: Grabmosaik
1972: Ruanda, Save, St. Cyprian: Betonfenster, Tabernakel, Stele, Wand- und Altarkreuz
1972: Ruanda, Gikonko, Krankenhaus: Tabernakel
1972: Xanten, Friedhof, Grabstätte Fittkau: Grabmosaik
1972: Nordstrand, St. Knud: Altarwandmalerei, Mosaiken, Fenster
1972: Nordstrand, Kinderheim der Franziskanerinnen: Mosaik
1972: Niebüll, Kirche: Fenster, Mosaik
1972: St. Peter-Ording, Kirche: Altarmosaik, Tabernakel, Stele
1972: Tönning, Kirche: Altar, Tabernakelschrein, Bronzekreuz, Schriftpult
1972: Süderbrarup, Christkönigkirche: Fenster, Wandmalerei
1972: Bremen, Caritas-Altenzentrum, Kapelle: Fenster, Tabernakelstele, Schriftpult
1973-1974: Spanien, Talavera, Kapelle Madre de la Esperanza: Altar, Tabernakel, Stele, Schriftpult, Fenster
1973: Königstein, Friedhof, Bischofsgrab: Mosaik
1973: Schleswig, Kirche: Fenster
1973: Hamborn-Bruchhausen, Liebfrauenkirche: Mosaik
1973: Norwegen, Levanger, St. Eystein: Ewiges-Licht-Schale
1973: Detmold-Spork-Eichholz, reformiertes Gemeindehaus: Mosaik
1975: Guatemala, Quetzaltenago, San Bonifacio: Wandmalerei, Stele, Fenster, Tabernakel
1976: Sylt, Westerland, Kapelle St. Bonifatius: Fenster, Tabernakel, Altarkreuz
1976-1977: Föhr, Wyk, St. Marien: Mosaikwand, Tabernakel, Stele, Lesepult, Kreuzweg
1977: London, Haus St. Lioba, Kapelle: Fenster, Tabernakel, Altarkreuz
1978-1979: Paris, Foyer Porta, Kapelle: Fenster
1979: Guatemala, Quetzaltenago, Kirche Maria del Camino: Betonfenster, Altar, Stele, Schriftpult, Tabernakel, Leuchter
1979: Plön, Haus St. Walburg: Tabernakel
1980-1981: Vechta, Friedhofskapelle: Fenster
1983-1984: Guatemala-City, Casa San Benito, Kapelle: Fenster
1984: Ruanda, Gakoma, St. Matiya Mulumba: Betonfenster, Tabernakel
um 1986: Osnabrück, Kapelle zur Ewigen Anbetung: Tabernakelgehäuse, Stele



