Augustin Frison-Roche: Reliquar des Heiligen Thomas von Aquin im Jakobinerkloster von Toulouse (2023)

Reliquare sind eine eigene kleine Gruppe von Sakralgegenständen, die das Himmlische Jerusalem als Motiv abbilden können. Da die Reliquienverehrung stark zurück gegangen ist, hat sich auch die Zahl der neu angefertigten Reliquare stark verringert. Ein besonders harmonisches und durchdachtes Reliquar entstand im 21. Jahrhundert in Frankreich. Es ist ein Werk von Augustin Frison-Roche (geb. 1987). Frison-Roche begann im Alter von 15 Jahren mit dem Zeichnen, zunächst in Abendkursen an der Beaux-Arts in Bourges, dann an einer privaten Zeichenakademie. Nach einem Literaturstudium in Aix-en-Provence und einem Geschichtsstudium in Bordeaux absolvierte er drei Jahre lang eine Malereiausbildung im Atelier von François Peltier. Seit 2010 veranstaltete er regelmäßig Einzelausstellungen, beispielsweise in Saint-Émilion, Paris und Bordeaux. Seine bislang in der Öffentlichkeit bekanntesten Werke sind mehrere Gemälden für die Kathedrale von Saint-Malo (seit 2020) und ein Reliquiar im Wert von etwa 25.000 Euro zur Aufnahme des Schädels des Heiligen Thomas von Aquin. Dieses wurde 2022 entworfen und im Januar 2023 fertiggestellt. Schon zuvor hatte der Künstler sich durch ein vielbeachtetes Reliquar in der Basilika Saint-Seurin in Bordeaux qualifiziert.
Die Reliquien des Schädels von Thomas von Aquin wurde zum ersten Mal seit 1369 anlässlich des dreifachen Jubiläums des Heiligen außerhalb von Toulouse verlegt, renoviert und bis zum 27. Februar 2023 den Dominikanern von Bordeaux anvertraut. Von dort geht das Schädelreliqauar für drei Jahre auf Reisen und ist zeitweise in weltweiten Kirchen und Kapellen ausgestellt, u.a. in Marseille, Paris, Barcelona, Lourdes, Manila und Rom. Durch diese vielbeachtete Ausstellungstour wird das Reliquar allgemein bekannt und in zahlreichen Zeitschriften und Journalen der Kirche besprochen. Sein endgültiger Ort ist dann das Jakobinerkloster von Toulouse, wo die Reliquien des Heiligen seit 1923 aufbewahrt sind.
In Hunderten von Arbeitsstunden mussten an dem Kunstwerk verschiedene weitere Handwerker mitarbeiten, wie ein Goldschmied, ein Zimmerer, ein Tischler, ein Bildhauer und eine Näherin – genaugenommen ist es eine Gemeinschaftsarbeit vieler Künstler und Künstlerinnen. Grundgerüst ist ein kubusartiges Gehäuse von 60 Zentimeter Höhe, welches auf vier Sockeln ruht, die leicht an den Seiten auskragen, was dem Gehäuse eine optische Standhaftigkeit verleiht (an den Ecken mit Untersicht besonders gut zu erkennen). Es ist an den Seiten durch zwölf runde Bögen geöffnet. Durch diese Öffnungen kann man den Schädel von allen Seiten betrachten und verehren. Zwecks besserer Sichtbarkeit ist das Reliquar von innen beleuchtet, was dem Objekt etwas Geheimnisvolles, Mystisches verleiht. Das Gehäuse ist mit Blattgold bedeckt. Seine vier Seiten überragen die Dachkante und sind mit einem Art Zinnenfries versehen. Das Zeltdach dahinter ist mit Malereien von Engeln, einer Weinrebe, dem Baum des Lebens und architektonischen Details geschmückt. 

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Beitragsbild: Fr. Philippe-Marie Margelidon

tags: Reliquar, Frankreich
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