
Seit es Vektorgrafiken gibt, wird in dieser Technik auch das Neue Jerusalem dargestellt. Ein frühes Beispiel ist The New Jerusalem von „Jack“ (2007), ein späteres umfasst zwei Schwarz-Weiß-Grafiken von „Leremy“ (auch „Lerem“). Auch in diesem Fall handelt es sich um ein Pseudonym. Dahinter könnte sich ein großer Künstler ebenso verbergen wie eine ganze Gruppe von Hobbyzeichnern. Da nun „Leremy“ exzellent das Angloamerikanisch beherrscht und tausende Vektorgrafiken auf zahlreichen Plattformen anbietet, ist ein professioneller Künstler aus den USA zu vermuten. Auf seinem Profilbild präsentiert er sich mit einem männlichen Foto und gibt an: „Dedicating my life to stick figures“.
Es handelt sich um zwei lizenzfreie Vektorgrafiken, die zusammen mit zehn weiteren Grafiken seit 2019 angeboten werden. Seitdem haben sich diese Grafiken auf zahlreichen Plattformen ausgebreitet, man findet sie auf VistaCreate, Gograph, Shutterstock, Etsy, Depositphotos, Sstock Adobe, Vectorstock, Canstockphoto, Pixtastock, Wdrfree oder Pixta. Damit dürfen es sich um die am meisten verbreitete und genutzte Vektorgrafik eines Neuen Jerusalem handeln.
Leremy Gan zeigt in seiner Kunst ein detailliertes Wissen über den biblischen Gegenstand und beherrscht die Technik professionell. Das zeigt sich etwa daran, dass hier die nach hinten fallenden Mauerseiten perspektivisch korrekt verkürzt dargestellt wurden, oder an der ausgewogenen Verteilung von schwarzen zu weißen Flächen. Die erste Grafik zeigt die Stadt auf einem mächtigen Fundament, welches sich über einem Wolkenberg erhebt. Biblisch korrekt ist die offensichtliche Quadratform der Stadt wie auch die drei Tore an einer Seite. Der Künstler hat sie hier mit einem Art schmiedeeisernen Gitter dargestellt, offensichtlich geschlossen. Über jedem Tor wacht ein Engel mit ausgestreckten Flügel. Auch kosmische Bezüge der Apokalypse fließen mit ein, etwa die Sonne oben links, was seit dem Mittelalter auf zahlreichen Darstellungen der himmlischen Stadt zu finden ist, und die schwarzen Sterne, die in Gruppen um die Stadt angeordnet wurden.
Das zweite Beispiel ist im Grunde eine Wiederholung des ersten, mit minimalen Variationen: die Wolken sind nach oben gewandert und schweben nun rechts der Stadt. Auch die Sonne hat ihren Stand geändert und ist nach rechts gerückt, auch, um zu den Wolken ein ausgeglichenes Gegenbild abzugeben. Aus einigen der Sterne sind nun Vögel geworden, seit Dürer ein gängiges Beiwerk des Himmlischen Jerusalem, wenngleich auch nicht so in der Apokalypse beschrieben. Schließlich hat sich noch der Neigungswinkel der Stadtmauern geringfügig geändert und das Fundament ist deutlicher profilierter.
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