
Der Valladolid-Beatus aus der Zeit um 970 ist eng verwandt mit dem bekannten Codex des Malers und Schreibers Maius und ist auch in dessen Heimat entstanden, allerdings gut zwanzig Jahre später. Nach seinem konkreten mutmaßlichen Entstehungsort, dem Kloster von Valcavado in der Nähe von Saldaña in der Provinz Palencia wird dieser Codex auch Beatus von Valcavado genannt. Eine Inschrift auf fol. 3v berichtet, dass die Handschrift am 8. Juni 970 begonnen und am 8. September 970 vollendet wurde. Mit der Arbeit wurde der Mönch Obeco durch den Abt Sempronius betraut. Falls er die Malereien alleine ausgeführt haben sollte, hat er in drei Sommermonaten erstaunliches geleistet. Der Valladolid-Beatus ist relativ unversehrt erhalten und nach seinem Aufbewahrungsort benannt, der Universitätsbibliothek Valladolid (Signatur MS 433).
Die Handschrift ist vor allem bemerkenswert durch seine wilden, expressiven Formen und Farben. Dafür stehen auch fol. 182v und 183r mit dem Himmlischen Jerusalem, das kompositorisch wieder ganz wie der ältere Morgan-Beatus gestaltet ist. Lediglich die Position des Lammes, des Engels und von Johannes im Stadtinneren sind leicht verändert; und auch bei der Farbwahl der Mauerpartien gibt es Unterschiede, die hier in einen mehr bläulichen Ton getaucht sind.
Während Flio 182v eine genaue Kopie des Morgan-Beatus ist, hat sich Künstler Obeco auf fol. 183r mehr Freiheiten erlaubt. So hat Christus auf dem Thron eine mehr verzierte Mandorla bekommen. Betrachtete man die Heiligen um Christus, dann wird man feststellen, dass hier zwei Heilige fehlen. Die beiden Bäume, der Baum der Erkenntnis und der Baum des Lebens, haben weniger Blätter, andere Farben und eine neue Gestalt. Der Lebensfluss zwischen den Bäumen hat jetzt eine etwas dynamischere Wellenbewegung. Was exakt gleich geblieben ist sind die lateinischen Beischriften, mit denen beide Blätter ausgestattet wurden.
Umberto Eco: Beato di Liébana: Miniature del Beato de Fernando I y Sancha (Codice B. N. Madrid Vit. 14-2), Parma 1973.
John Williams: The illustrated Beatus. A corpus of illustrations of the commentary on the Apocalypse, 5 Bdd., London 1994-2003.
Joaquín Yarza Luaces: Beato de Liébana. Manuscritos iluminados, Barcelona 1998.
Mireille Mentré: Spanische Buchmalerei des Mittelalters, Wiesbaden 2006.