Weltgerichtsikone aus Moskau, Tretjakow-Galerie (17. Jh.)

Diese russisch-orthodoxe Weltgerichtsikone stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert und hat den Titel „Meine Seele verherrliche den Herrn“. Genauerer Entstehungshintergrund ist ebenso unbekannt wie der Maler oder die Malschule. Das Kunstwerk wurde in Moskau für eine orthodoxe Kirche oder ein Kloster angefertigt und zeigt oben links das Himmlische Jerusalem in einer besonderen Form: Ansatzweise handelt es sich um ein Arkaden-Jerusalem, eingebaut in die Front und rechte Seitenansicht einer Stadt. Unten ist rosafarben die Stadtmauer zu sehen, mit drei Rundbogentoren an der vorderen Seite, insgesamt vermutlich zwölf. Diese kleinen Rundbogentore ähneln bereits Arkaden, in denen Heilige oder Engel positioniert sind. Über ihnen sind mehrere Häuser im Stadtinneren zu erkennen, ihre Fassaden in gelben, roten und grünen Pastelltönen gehalten und alle besitzen ein rotes Dach. Durch einen Wolkenfries ist die himmlische Stadt von dem Rest der Ikone deutlich abgegrenzt. In den schmalen Raum zwischen diesem Fries und der Stadtarchitektur sind vereinzeln Blumen oder Pflanzen eingesetzt. Dies ist eine Referenz an Paradiesvorstellungen, die eng mit dem Neuen Jerusalem verwoben sind, da letzteres komplementär zu dem ersten steht: das Paradies eröffnet die Menschheitsgeschichte, das Himmlische Jerusalem schließt sie ab; beides sind archaische Ewigkeitskonzeptionen, werden von Gott regiert, kennen nur das Schöne und Gute.
Die Ikone ist 1886, als sie in ihren heutigen Aufbewahrungsort, die Moskauer Tretjakow-Galerie kam, von Alexander Mukhin restauriert worden. Vermutlich ist dabei der silberne Rahmen mit dem Perlenstabfries hinzugekommen. Seit 1990 ist das Kunstwerk Teil der ständigen Ausstellung.

 

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