
Die schwarz-weiße Fotocollage mit dem Titel „New Jerusalem“ entstand im April 2008 und ist eine Arbeit von Redtieguy. Dahinter verbirgt sich der Fotograf Jorge M. Machado (geb. 1975) aus Portugal. Dieses Neue Jerusalem macht einen wenig friedlichen oder gar erlösten Eindruck. Auf der oberen Seite eines Kubus schieben sich unstrukturiert zahlreiche moderne Hochhäuser nach oben, wie man es von Großsiedlungen der 1970er Jahre her kennt (übrigens hat 2005 Nancy Macgregor in ihrer Collage „Chicago as the New Jerusalem“ die Gottesstadt ähnlich dargestellt). Auch auf der Unterseite sind solche Hochbauten, weniger gut sichtbar, angedeutet, als würden sie den Würfel durchziehen. Dieser sieht an seinen Seiten fleckig und schäbig aus, als würde er bereits verfallen oder eine Patina besitzen. Zwar sind zwischen den Hochbauten oben einige Straßen zu erahnen, aber Bäume und Wasser scheint es in der Arbeit von Redtieguy nicht zu geben. Einziges Anzeichen von Leben ist ein schwarzer Vogel hoch oben in Betrachternähe – übrigens ein traditionelles Element, welches seit Dürer immer wieder mit dem Jerusalem verbunden wird, ohne dass man weiß, warum. Ansonsten umkreisen noch zwei Düsenflugzeuge das Himmelsobjekt, eines gut sichtbar im Vordergrund rechts, ein weiteres im hellen Hintergrund über der linken Kubusaußenseite. Der Kubus schwebt eindeutig frei im Raum, umgeben von Wolken. Unten finden sich gebogene Schraffuren, die auf die alte Schöpfung hindeuten; links finden sich helle, durchsichtige Gebilde, vielleicht die Seelen Verstorbener, die das Neue Jerusalem beleben.
Machado, Jorge M.: Quartos Escuros, Porto 2000.
Kuriositäten, Raritäten, Absonderlichkeiten, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 15).